Zweite Chance

Viele Filme sind schneller wieder aus dem Kino, als es dem Publikum lieb ist. Hier kriegen Filme und die Zuschauer*innen, die sie verpasst haben, ihre zweite Chance auf eine Begegnung im Kino.

Sie haben eine Film verpasst? Dann schreiben Sie uns Ihren Filmwunsch gerne an info@city46.de oder nutzen unser Gästebuch im Kino.

Schlingensief – In das Schweigen hineinschreien

D 2020, Regie: Bettina Böhler, mit Musik von Helge Schneider, 124 Min.

Christoph Schlingensief gilt bis heute als einer der wichtigsten deutschen Ausnahmekünstler*innen seiner Zeit. Mit oftmals provokanten und auch politischen Aktionen im Film und auf der Bühne machte er immer wieder auf aktuelle Thematiken und gesellschaftliche Missstände aufmerksam. Dabei wolle er gar nicht provozieren, sondern vielmehr durch kleine Portionen „Gift“ zur Selbstheilung anstacheln. Selbst seinen frühen Tod aufgrund einer schweren Krebserkrankung verarbeitete Schlingensief in seinem vielleicht berühmtesten Werk: „Kirche der Angst vor dem Fremden in mir“.
Die renommierte Filmeditorin Bettina Böhler verbindet eine jahrelange Zusammenarbeit mit dem Künstler. So fließen auch private Aufnahmen in ihre Dokumentation. 2020 wäre Schlingensief 60 Jahre geworden, sein Tod jährt zum zehnten Mal und die Frage stellt sich: Wie würde seine Kunst heute aussehen? Und könnte sie so überhaupt noch existieren?

 

Welch eine Freude, wieder einmal Christoph Schlingensief zuzuhören und zuzusehen! Die gedankliche Schärfe, die schelmische Ironie und die politische Klarheit, mit der er in Bettina Böhlers Film über sich, seine Kunst und seine Filme spricht, lassen den Ausnahmekünstler schmerzlich vermissen, gleichzeitig aber auch quicklebendig auf der großen Leinwand auferstehen. Premiere bei der Berlinale 2020 in Panorama Dokumente www.berlinale.de

In ihrem ungemein unterhaltsamen und gleichzeitig tief berührenden Regiedebüt montiert Bettina Böhler virtuos private Aufnahmen und künstlerische Arbeiten Schlingensiefs, dessen ungebändigte Energie sich unwillkürlich auf die Zuschauer überträgt. Die tiefgründige Annäherung an sein mannigfaltiges Œuvre ist das erste umfassende Filmporträt über den provokanten Regisseur, der in diesem Jahr 60 Jahre alt geworden wäre und dessen Todestag sich zum 10. Mal jährt. Pressenotiz weltkino.de

2007 wurde Böhler mit dem Bremer Filmpreis für langjährige Verdienste um den europäischen Film ausgezeichnet. Bettina Böhler, Berlinale 2020

Kokon

D 2020, Regie: Leonie Krippendorff, mit Lena Urzendowsky, Jella Haase, Lena Klenke, 95 Min.

Mitten in Kreuzberg am Kottbusser Tor, im turbulenten Herzen Berlins, wächst Nora auf. Auf ihrem Weg ins Erwachsensein fühlt sie sich ziemlich verloren. Die Verwandlung ihres Körpers zu dem einer jungen Frau löst Unsicherheit bei ihr aus. Sie verbringt viel Zeit mit ihrer großen Schwester Jule und deren bester Freundin Aylin. Bei denen dreht sich alles ums Aussehen und die Selbstdarstellung in den sozialen Medien – Styling und Mode stehen ganz oben auf der Liste. Auch Nora unterwirft sich dem Druck, schön sein zu müssen, wird dadurch aber immer unglücklicher. Dann taucht Romy auf. Durch sie lernt Nora, zu sich und ihrem Körper zu stehen. Kann es sein, dass Menschen sich selbst erst dann richtig lieben lernen, wenn es jemand anderes auch tut?
Eine behutsame Annäherung zweier junger Frauen, eindrücklich gespielt von Lena Urzendowsky und Jella Haase. Eröffnungsfilm der Generation 14plus bei der Berlinale 2020.

Der Eröffnungsfilm des Generation 14plus-Wettbewerbs Kokon von Leonie Krippendorff zelebriert die Besonderheit der ersten Male. Selbstbewusst die eigene Identität zeigen, gesellschaftliche Etikettierungen abschütteln und mediale Vorschreibungen neu bewerten sind Herausforderungen, denen sich die jungen Protagonist*innen couragiert stellen. (berlinale.de)

Es ist ein seltenes Glück, einen Film wie Kokon erleben zu dürfen, der die Möglichkeit der Freiheit seiner Figuren von Grund auf mit ihnen und mit seinen Zuschauer*innen denkt. Darin öffnen sich Bilder, die nichts neu erfinden, die keine bahnbrechenden Metaphern schöpfen, die das aber auch nicht müssen: Sie ermöglichen etwas so viel Schöneres, indem sie teilhaben lassen am Beginn der Freiheit einer jungen Frau. (kino-zeit.de)